Dienstag, 9. November 2010

Deepawali

“Das Lichterfest Diwali markiert in ganz Indien den Beginn des hinduistischen Neujahrs. Häuser werder illuminiert, Lakshmi (die Göttin des Glückes und Wohlergehens) wird in die Wohnung eingeladen, Knallkörper und Feuerwerke werden abgeschossen. “ Das schreibt unser Reiseführer über Deepawali (wie es hier in Dakshina Kannada genannt wird).
Deepawali scheint etwas ganz großes zu sein. Denn seit Wochen reden alle davon und sind schon ziemlich aufgeregt. Sogar in unserem örtlichen Supermarkt- unserer Schokoladenquelle- hängen Banner, die jedem “Happy Diwali” wünschen.


Unser Deepawali haben wir bei einer indischen Familie verbracht. Unsere Englischschülerin Roksha hatte uns für das dreitägige Fest zu sich nach Hause eingeladen. Leider hatte ihre Tante einen Unfall und unser Aufenthalt wurde um einen Tag gekürzt. Nichtsdestotrotz haben wir eine sehr schöne Zeit mit Rokshas Familie verbracht.
Wie (fast) alle indischen Frauen wohnt Roksha bei der Familie ihres Ehemannes. Doch zu Feiertagen oder auch einfach so schläft sie noch gerne zu Hause und verbringt Zeit mit ihren “Akas” (Brüdern) und “Anas” (Schwestern), worunter man in Indien nicht nur die leiblichen Geschwister, sondern auch Cousinen, Cousins und andere Verwandte im selben Alter versteht.
Also sind wir am Freitag mit dem Bus nach Tokkut gefahren und wurden sehr herzlich bei der Familie empfangen. Zuerst wurden wir auf ein Sofa gesetzt und bekamen typische Süßigkeiten, die man nur an Deepawali isst. Leider waren sie so süß, dass wir nicht alles schafften. Die Familie hielt sich noch sehr zurück und stellte sich erst nach und nach vor. Danach gingen wir in das Haus von Rokshas Tanten. Dort wohnen 15 Mitglieder in einem für indische Verhältnisse großen Haus.



Wir in "Cotton Saris"
Dann wurden uns nach und nach alle Alben von Hochzeiten und Verlobungen gezeigt, die es im ganzen Haus zu finden gab. Also bewunderten wir die absolut kitschigen Fotoalben, die (für uns) albernen Fotocollagen und die (zuegegeben tollen) Hochzeitssaris. Dann kam eine der Aunties auf die Idee, uns ihren Hochzeitssari zu zeigen.

Diese sind fast immer aus Seide und kosten um die 100 Euro, was nicht nur in Indien sehr viel Geld ist. Wir bewunderten auch noch ihre anderen Saris und wurden daraufhin gefragt, ob wir nicht auch einen von ihren Saris anprobieren wollten. Wir stimmten zu. Doch wir hatten nicht bedacht, dass Leah ein kleines bisschen größer als die durchschnittliche Inderin ist. Also wurde für sie extra eine Saribluse weiter genäht und dann wurde um die Wette gewickelt. Wir lernten, dass zu einem schönen Sari auch so viele Ketten wie möglich, prollige Ohrringe und ganz viele goldene Bangels gehören. Leider mussten wir uns beide nur mit Ketten und Ohrringen zufrieden geben, weil unsere Hände einfach zu breit für Bangels sind. Anschliessend wurden alle Handys gezückt und um die Wette Fotos gemacht.

Dann gab es das Mittagessen. Es war sehr gut. Rokshas Mutter hatte leckeres Gemüse, Sambal und Reis gemacht und für Leah gab es würzigen Fisch. Dazu muss man erwähnen, dass die Inder glauben Deutsche hätten einen riesigen Magen und würden nie satt. Also bekamen wir immer wieder Essen auf unsere Teller gehäuft bis wir fast platzten.
Nach dem Mittagessen haben wir mit allen Frauen, die teilweise Bidis gerollt haben, indisches Fernsehen geguckt. Das war wirklich sehr amüsant, denn Inder scheinen gerne mit allem zu übertreiben und alles erscheint wie aus einer anderen Welt. Männer streiten sich lautstark und mit fast lächerlich vielen Gebärden, Frauen sehen aus wir Kanarienvögel und ohne Vorwarnung fangen plötzlich alle auf der Straße an zu tanzen.


Nach dem Mittagessen beschlossen wir, an den Strand zu fahren. Nachdem sich alle, die mitfuhren, im Durchschnitt dreimal umgezogen und schliesslich ihr passendes Outfit gefunden hatten, fuhren wir mit zwei Rikshas an den Strand. Dort befindet sich ein Shiva-Tempel auf einem Hügel, von dem aus man auf den Strand und das Meer schauen kann. Doch uns zog es zuerst an den Strand, wo wir leider nur mit den Füßen ins Wasser durfen, weil hier an der Küste gefährliche Strömungen im Wasser sind und jährlich viele Menschen ertrinken. Doch allein die Tatsache, dass wir am Strand waren und das Meer sehen konnten, machte uns sehr glücklich. Leider fing es dann an zu regnen. Wir blieben dennoch eine Weile und schauten aufs Meer hinaus, jagten kleine Krebse und kletterten auf einen großen Felsen, von dem aus man eine wunderbare Aussicht hatte. Als der Regen zu stark wurde und wir anfingen zu frieren, fuhren wir mit den Rikshas wieder zurück zu Rookshas Familie. Dort zogen wir uns trockene Kleider an und ernteten überraschte Blicke, da wir keine Nighties hatten, sondern nur T-Shirts und Schlafhosen.


Als es dunkel wurde, begannen die Familienmitglieder die Hauseingänge mit Kerzen zu schmücken. Auf den Treppen wurden Kerzen aufgestellt um Lakshmi ins Haus zu führen. Vor jedem hinduistischen Haus steht ein Blumentopf aus Zement mit dem Om-Zeichen drauf, in dem eine Minzpflanze ist. Diese soll vor bösen Geistern schützen und gleichzeitig zur Stärkung der Gesundheit beitragen. Dieser Blumentopf wurde ebenfalls mit Kerzen geschmückt.


Während die Kinder so das ganze Haus schmückten, trug eine von Rokshas “Akkas” Mehendi auf unsere Hände auf. Die Männer spielten mit Böllern und Krachern herum und zu unserem Erschrecken auch kleine Kinder wie der Sohn von Roksha. Nachdem keine Böller mehr da waren, gingen wir wieder in das andere Haus um alles nocheinmal von vorne zu sehen und wieder indisches Fernsehen zu gucken.
Gegen halb 10 gingen wir zum Essen. Wieder bekamen wir gigantische Portionen und es wurde immer wieder nachgereicht. Zum Glück war das Essen sehr lecker. Beim Zähneputzen im Freien kamen die ersten Komplikationen auf. Wohin nur mit dem Schaum und wie ihn verschwinden lassen. Einfache Antwort: auf den Boden spucken und Wasser drüber.
Dann ging es gleich schlafen. Wir schliefen in einem der einzigen Betten, dem Bett von Rokshas Mutter. Es war etwas hart und wir teilten uns eine Decke doch wir schliefen hervorragend- vielleicht auch, weil Roksha neben dem Bett auf dem Boden schlief und über uns wachte.


Am nächsten Morgen wuschen wir uns mithilfe von Wasserkrügen. Zum Frühstück gab es sage und schreibe 10 Idlis für Feli und “nur” 8 für Leah. Idlis sind dampfgegarte Reiskuchen, die sehr stopfen. Normalerweise essen wir 3 bis 4 zum Frühstück. Doch, weil Rooksha und ihre Cousine Angst hatten, wir würden auf dem Weg zurück zu Maithri verhungern, kamen diesmal noch 5 Stück dazu. Wir hoffen, dass wir keine Idlis für die nächsten drei Monate bekommen.

Auf das “magere” Frühstück folgte wieder ein bisschen Fernsehen und- wie könnte es ander sein- nochmal essen. Nicht, dass die Gäste noch verhundern! Also gab es für jeden einen Dosa Masala. Dosa sind Reispfannkuchen und Masala ist eine würzige Kartoffelmischung. Danach rollten wir zu Rokshas Haus zurück und packten unsere Sachen.


Auf dem Weg nach Maithri fühlten wir uns rund wie nie und hofften, dass Prameela (unsere Köchin) es uns verzeihen würde, wenn wir das Mittagessen heute ausfallen lassen würden.